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Visions – Björn Beton (Fettes Brot) über De La Soul

visions.JPGIn der Februar Ausgabe der Musikzeitschrift Visions (Nr. 167) ist ein Artikel mit dem Titel:

Der Held, was er verspricht – Björn Beton (Fettes Brot) über De La Soul“ erschienen.

(Danke an claudia1984)

Im Folgenden zitiere ich den Text:

Mein erstes großes kommerzielles HipHop-Konzert war 1989 in Hamburg, in der Alsterdorfer Sporthalle. Im Vorprogramm Derek B. aus England, dann EPMD, die ich damals zum ersten Mal gehört habe und derbe fand.

Danach kamen Public Enemy und als letzte Run DMC. In der Zeit habe ich auch vom ersten De La Soul-Album „3 Feet High And Rising“ gehört und in der Presse gelesen. Damals gab es noch das Network-Magazin, das sich um „Black Music & Dance“ kümmerte. Ich war etwas 16 und mochte Rapmusik, weil sie so radikal war. Gerade Bands wie Public Enemy haben mir gut gefallen, weil sie unbestechliche Typen waren und harte Musik machten. De La Soul war eigentlich das Gegenteil davon. In meiner Welt als Vorstadtmittelstandskind hatte ich somit eine Art persönliche Verbindung zu denen. Klar trug ich schwarze Klamotten mit Public Enemy-Fadenkreuz, aber die Black Medallions, das Peace-Zeichen, der Oberhemden-Style und als Gürtel ein Schlips: Das war bei mir auch angesagt. „Daisy Age“ – so nannte sich das Programm von De La Soul. Weitergehend waren A Tribe Called Quest, Mos Def und Talib Kweli ein wichtiger Einfluss für Fettes Brot.

Ich weiß nicht mehr, wer das Debüt von De La Soul als Erstes besaß, aber ich habe sie mir sofort gekauft, als ich darüber gelsesn hatte. Ich fand sie auf Anhieb geil. Neulich war ich in einem Secondhand-Laden, da lief die Platte, und ich war geplättet, wie modern sie noch immer klingt. Das ist eine der Platten, die man heute noch guten Gewissens hören kann, ohne zu denken: Bäh, ist das schlecht gerappt, und dieser üble Mix! Auch die Skits stören nicht zwischen den Songs, im Gegenteil, ich kann sie mittlerweile mitsprechen, so wie die Songs selber. Später gab es dann eine Platte, die hieß „De La Soul Is Dead“, die war noch weit hörspielartiger, was mich aufgrund mangelnder Englischkenntnisse irgendwann genervt hat. Mittlerweile besitze ich alle De La Soul-Alben, als LP und CD und in allen Deluxe-Versionen. Man kann mich nicht auf ein Lieblingsstück festnageln, das ich aufs Mixtape packen würde. Kommt halt drauf an, für wen das Tape sein soll. Wenn ich jemandem die Bedeutung von De La Soul erklären sollte, würde ich wahrscheinlich was Älteres von „3 Feet High And Rising“ nehmen. Vielleicht „Jennifa Taught Me“, weil ich das damals am geilsten fand. Vielleicht auch „Millie Pulled A Pistol On Santa“, was eher unbekannt ist, aber eine derbe inhaltliche Aussage hat. Das handelt – wenn ich recht informiert bin – von einem Mädchen, das den Weihnachtsmann erschießen möchte, weil sie von ihrem Vater vergewaltigt worden ist und schnallt, dass der sich bloß verkleidet hat. So einen geilen Einfall für einen Rapsong hat nicht jede Band.

De La Soul hatten schon immer einen anderen Flow als alle anderen Rapbands. Ihre Attitüde und wie sie sich darstellen, das ist einzigartig. Auch thematisch sind sie eigen. Wenn sie in einem Song wie „Babyfat“ klarmachen, dass sie es in Ordnung finden, wenn Frauen etwas dicker sind, dann ist das eine Haltung, die andere Rapbands eher nicht an den Tag legen. Bei De La Soul werde ich zum richtigen Fan. Ich hatte sie in Hamburg gesehen und extra mein „3 Feet High And Rising“-Cover mitgenommen. Also nur das Cover, damit die Platte nicht kaputtgeht. Mit ein paar Wodka-Lemon hatte ich mir Mut angesoffen, damit ich mich traute, nach der Show zu ihnen zu gehen. Ich hatte im Internet gelesen, dass sie auf der nächsten Platte einen Song mit Al Green und einen mit Sade machen wollten. Das klang nach einem Traum. Also nahm ich allen Mut zusammen, um mir Autogramme zu holen, erwischte alle drei und fragte, was denn mit den großartigen Zusammenarbeiten sein würde. Sie meinten nur „Wait and see.“ Bis heute sind die Songs nicht erschienen. Wir sind dann die ganze Nacht hackenstramm über den Kiez gezogen, und ich habe das signierte Cover beschützt.

(Autor- Jan Schwarzkamp)